Hallo Weltgeist,
eigentlich glaube ich nicht, dass Du mich wirklich hören kannst. Wenn ich dieser Überzeugung wäre, würde ich Dich wahrscheinlich auch nicht „Weltgeist“, sondern eher „Gott“, oder „Allah“ nennen oder so. Im Grunde glaube ich, Du bist eine Macht, die alles fügt und nur den Überblick über das Ganze hat, wie ein Kontrollprogramm über eine Maschine, und die alle Teile so zusammenfügt und steuert, dass es für das Große Ganze einen Sinn ergibt. Dabei die Befindlichkeiten jedes einzelnen Teilchens wahrzunehmen und zu beachten, wäre gar nicht möglich.
Warum ich Dir trotzdem schreibe? Nun, ich glaube, aus dem gleichen Grund, aus dem so viele Menschen Religionen pflegen – ich kann verdammt schlecht mit unbeantworteten Fragen umgehen. Vor allem dann, wenn sie mich selbst betreffen und ich das untrügliche Gefühl habe, ich könnte mit manchem besser umgehen, wenn ich den Sinn dahinter verstehen würde.
In letzter Zeit konfrontierst Du mich zum Beispiel immer wieder damit, dass ich Aufgaben übernehme, die mir wichtig, lieb und teuer werden, in die ich ganz viel Kraft und Emotion investiere und von denen ich mich am Ende doch irgendwann abwenden muss. Weil ich ihnen emotional nicht (mehr) gewachsen bin, weil ich dem Anspruch den diese Aufgaben an mich stellen, nicht gerecht werden kann, ohne darunter zusammenzubrechen. Oder weil ich meinen eigenen Anspruch an mich selbst im Bezug darauf nicht erfüllen kann, ohne daran kaputt zu gehen. Und wenn ich mich dann abwende, hinterlasse ich Löcher, was mir dann wiederum auch weh tut. Warum? Willst du mich lehren, mir Aufgaben zu suchen, die ich bewältigen kann?
Aber wenn das so ist – dann verstehe ich nicht, warum du mir andererseits den Boden sofort wiederunter den Füßen wegziehst, wenn ich in einem Bereich grade an einer Stelle gelandet bin, auf der ich mich angekommen und richtig fühle, kaum, dass ich sie erreicht habe. Willst Du mich so zwingen, die Grenzen meiner Verantwortung und meiner Möglichkeiten besser für mich zu akzeptieren, sie genauer einzuschätzen und sie trotzdem zu erweitern?
Würdest Du jetzt kommunizieren können, sagtest Du vielleicht: „Lass sein, unbedeutendes Menschlein! Du kannst den Sinn dahinter nicht verstehen. Das ist nicht deine Aufgabe, denn er liegt schlicht außerhalb dessen, was dein winziger Verstand begreifen kann!“ Wahrscheinlich hättest du damit auch vollkommen Recht. Nur weißt du – es ist manchmal so viel leichter einen schwierigen Weg in Angriff zu nehmen, wenn man auf ein Ziel zugeht, was die Mühen lohnt… Ich weiß ja, im Grunde ist der Weg selbst das Ziel, aber es ist manchmal halt so unglaublich schwer, sich zu motivieren, ohne eine Belohnung in Aussicht. Ziemlich primitiv, was?
Egal, ich will mich nicht wirklich beklagen und mit diesen Worten und Fragen niemanden angreifen – weder Dich, noch irgendjemanden, der dies hier vielleicht tatsächlich liest. Es sind nur einfach Gedanken, die ich mir oft mache, die mich bewegen und nicht loslassen… Im Grunde weiß ich, dass ich verdammt viel Glück mit meinen Rahmenbedingungen habe.
Wie gesagt, ich glaube nicht, dass Du mich wirklich hören kannst. Trotzdem, Es hat gut getan, das alles mal zu formulieren. Meine Mom sagt, dass es Dich gibt und ich glaube auch daran! Auch, wenn ich nichts vom Beten halte, so will ich doch meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass Deine Pläne am Ende einen Sinn ergeben, den ich vielleicht irgendwann zumindest ansatzweise erahnen kann.
Das dumme Huhn!
Ich glaube, der Weltgeist will dich garnichts lehren. Es ist das Leben selbst, das man meistern muss. Es stellt einen vor schwierige Hindernisse und mit jedem Hindernis wächst man. Die Steine, die einem in den Weg gelegt werden, können von ungeheurer Größe sein, sie können anmuten, unbezwingbar zu sein, aber letztendlich wird man sie doch schaffen und selbst ein Stück gewachsen sein, sofern man das zulässt. Wenn man dann zurückblickt, erscheinen einem Dinge, von denen man geglaubt hat, sie niemals zu packen, plötzlich furchtbar klein und unwichtig.
AntwortenLöschenLetztendlich ist es wohl das Denken, alles in eine goldene Mitte bringen zu müssen, das einen daran hindert, das Wachstum auch anzunehmen. Im Großen und Ganzen mag der Weg der goldenen Mitte auch für das meiste am besten sein, aber manche Situationen sind es eben nicht und sollten auch als solche hin- und angenommen werden. Dinge, die extrem sind, können auch nicht ewig diesen Pegel behalten, denn entweder schwächen sie von selbst ab mit der Zeit, oder aber man wächst währenddessen so weit, dass man es nicht mehr als Extrem wahrnimmt. Dann liegt es an einem selbst, ob man auf halbem Wege einfach sitzen bleibt und alles hinwirft, oder ob man willens genug ist, den Rest des Weges auch noch zu gehen und danach auf etwas zurückblicken zu können, das man gemeistert hat.
Alle Dinge auf der Welt haben zwei Seiten und ebenso gibt es die Möglichkeit, beide Seiten zu sehen. Der Berg, der einem im Weg steht, kann Hoffnungslosigkeit auslösen, ihn nie zu bezwingen, oder aber als Herausforderung gesehen werden mit dem Wissen im Hinterkopf, dass kein Berg unbezwingbar ist und es nur das eigene, noch viel größer gemachtes Bild des Berges in einem selbst ist, das einen kapitulieren lässt.